Klima(protest) und Flucht – ein Podcast zum Nachhören

Klima(protest) und Flucht – ein Podcast zum Nachhören

Wie erreicht man als Klimabewegung die Menschen außerhalb der Klimablase, und noch wichtiger: Wie überzeugt man sie, sich für den Klimaschutz einzusetzen? Eine gängige Strategie lautet, sich in die Lage anderer zu versetzen und auf deren Interessen einzugehen.

Ein Familienmensch: Wollen wir nicht eine lebenswerte Welt für unsere Kinder und Enkelkinder hinterlassen?
Ein:e begeisterte Skifahrer:in: Machen Sie sich keine Sorgen um genug Winterschnee für den Skisport?
Tierfreund:in: Wissen Sie, dass Klimawandel die Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen bedroht?
Heimatverbundene: Wollen Sie nicht auch ihre Heimat und die eigenen vier Wände vor klimatischen Veränderungen schützen?

Dennoch gibt es Argumente, die mit einer solidarischen, emanzipatorischen und gerechten Klimapolitik nichts zu tun haben. Überschreitet man diese Argumentationsgrenzen, muss man sich als Klimabewegung fragen, ob man eventuell mehr Schaden anrichten könnte, als man Gutes für den Klimaschutz damit bewirken kann.

Solche Argumente findet man immer wieder in einer thematischen Zusammenführung von Klima und Migration. Dabei wird das Bedrohungsszenario einer vermehrten Migration nach Europa infolge des Klimawandels als Argument verwendet, um konservative Bürger:innen und Politiker:innen für den Klimaschutz zu gewinnen. Dafür wird an jene Sorgen und an Xenophobie angeknüpft, die zentrale Bausteine des europäischen Migrationsdiskursen darstellen.

Eine risikoreiche Strategie, die hakt

Dieses Argument hakt aber aus unterschiedlichen Gründen. Erstens basiert es auf keiner wissenschaftliche Grundlage, da Änderungen in den lokalen Wetterverhältnissen eher zu Wohnortsverlagerungen über kürzere Distanzen führen. Kurz gesagt: Die meisten Menschen, die sich wegen dem Klimawandel auf den Weg machen, kommen nicht nach Europa.

Zweitens ist zu bezweifeln, dass diese Argumentationslinie automatisch für mehr Zuspruch für Klimamaßnahmen bei besorgten Bürger:innen sorgt. Stattdessen werden womöglich ein noch restriktiveres Migrationsregime und mehr Grenzschutz als Alternativen ins Auge gefasst.

Drittens gibt es ein grundlegendes ethisches Problem mit dem Argument. Migrant:innen werden instrumentalisiert und die bloße Aussicht, dass sich mehr Menschen auf den Weg nach Europa machen könnten, wird als Schreckgespenst in den Raum gestellt. Damit geht man das Risiko ein, das schon jetzt sehr aufgeheizte Klima gegenüber Migrant:innen und Geflüchteten in Europa weiter zu verschlechtern. Im Hinblick auf den jetzigen politischen Diskurs rund um Migration ist dies keine verantwortungsvolle Strategie. Besonders in einer Klimapolitik, die die Verantwortung des globalen Nordens ernst nimmt und mit den vom Klimawandel betroffenen Menschen im globalen Süden solidarisch Seite an Seite stehen will, hat solch ein Argument keinen Platz.

Sind wir aufnahmebereit?

Genau gegen solche aufgehetzten Bilder von Migration und Flucht setzt sich der Podcast „Aufnahmebereit“ ein. Im Hinblick auf eine überhitzte Welt, in der viele Aspekte des Zusammenlebens neu erfunden und solidarische Lösungen gesucht werden müssen, ist dieser Ansatz auch an der Schnittstelle von Klima- und Migrationspolitik sehr wichtig. Gemeinsam mit der Podcast-Moderatorin und Migrationsforscherin Judith Kohlenberger tauche ich in der Folge „Klima(protest) und Flucht“ in dieses Themengebiet ein. Nachzuhören ist der Podcast hier.

„Aufnahmebereit“ ist ein Podcast für und über Ankommende und Aufnehmende in der modernen Migrationsgesellschaft. Judith Kohlenberger, Migrationsforscherin am Institut für Sozialpolitik der WU Wien, spricht alle zwei Wochen über Migration, Flucht, Integration und Zugehörigkeit – mal solo, mal mit Gästen aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Zivilgesellschaft.


Insight by

Sarah Nash

wissenschaftliche Mitarbeiterin