Klima-Biennale Wien

Klima-Biennale Wien

Wien veranstaltet dieses Jahr zum ersten Mal die Klima-Biennale. Der Nordwestbahnhof fungiert dabei als Hauptareal der Veranstaltung und das Kunst-Haus Wien als weiteres Zentrum. Das Volkskundemuseum dient außerdem als Aktivismus Camp für Initiativen, Organisationen und Bündnisse aus der klimaaktivistischen Szene.

Das vielseitige Programm erstreckt sich aber über ganz Wien und soll durch Ausstellungen, Projekte, Workshops und Vorträge den Menschen das Thema Klima und Klimawandel näherbringen. Dabei möchte die Biennale, wie beim Rundgang am Festivalareal vermittelt wurde, einen breiteren Zugang einnehmen: Es soll nicht nur der ökologische Aspekt diskutiert, sondern auch die sozialpolitische Komponente mitgedacht werden. In den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen wird deutlich, dass es für eine lebenswerte Zukunft aller Menschen neben eines intakten Klimas, unter anderem auch eine saubere Umwelt, Geschlechtergleichheit, weniger soziale Ungleichheiten und Frieden braucht. Die Ziele stehen dabei in einer Wechselwirkung. Aufgrund der Dringlichkeit der Klimakrise kann die Klima-Biennale ein wichtiges Zeichen setzen, indem die Alternativlosigkeit von Klimaschutz aus künstlerischer Perspektive aufgezeigt und Aufmerksamkeit in der Bevölkerung geschaffen wird.

Angekommen am Festivalareal des Nordwestbahnhofs trifft man auf einige gerettete und hier frisch eingepflanzte Bäume, die die große Asphaltfläche durchbrechen. Damit wird sogleich implizit auf das Problem der Bodenversiegelung in Österreich hingewiesen. Bereits 52% der österreichischen Gesamtfläche sind versiegelt. Ansonsten lädt das Areal im Freien weniger zum Verweilen ein. Erst in der Haupthalle kommen die ersten Besucher_innen zusammen. Dort können diese auch in einem Café sitzen und verweilen sowie ihr Ticket an der Kasse kaufen. Dem sozial-ökologischen Ansatz entsprechend kann man den Preis des Festivalpasses nach eigenem Ermessen wählen. Dadurch werden wirklich alle zur Teilnahme eingeladen und keine gesellschaftliche Schicht ausgeschlossen. Diesem Anspruch der Zugänglichkeit der Klima-Biennale entspricht auch das örtlich weit verstreute Programm, aber auch die inhaltlich übersichtliche und ästhetisch ansprechende Website, die wie das restliche Branding den Farben von Klimakarten nachempfunden wurde.

Welches Programm bietet das Festivalareal?

Das Festivalareal am Nordwestbahnhof zeigt unter anderem eine Kunstausstellung „Songs for the Changing Seasons“, in Kooperation mit der Vienna Design Week die Designabteilung „Design with a purpose“ sowie das Projekt „Biofabrique Vienna“. Letzteres ist aufgrund seines Ansatzes spannend: Baumaterial soll lokal verwendet werden und kreislauffähig sein, die verwendeten Ideen sollen aber weit reisen. Die Design-Abteilung will „Zusammenhänge neu denken“ und „Geschichten erzählen“. Einige Initiativen und Kunstwerke sind dabei sehr anschaulich und vermitteln einen Impuls selbst im Kleinen erfinderisch zu werden. Allen voran ist hier die „Circular Shower“ von EOOS, eine Gartendusche, die das Dusch-Abwasser durch die angebrachten Pflanzen reinigt und wiederverwendbar macht, zu nennen. Daneben ist auch „Free to Reuse“ von Studio Re.d und Pawel Packing & Logistics ein gutes Beispiel für neugedachte Zusammenhänge. Den hölzernen Einwegkisten aus dem Exportversand wird durch das Anbringen von Schnittplänen und Bauanleitungen eine Nachnutzung als Möbel ermöglicht.

In der Kunstausstellung „Songs for the Changing seasons” entsprechen manche Werke dem Anspruch der Zugänglichkeit zum Thema mehr als andere. Die Installation „Salmon: Feed Chains“ aus 2022 von Cooking Sections ist eines davon. Wollen die Besucher_innen die Sound-Installation vollumfänglich erfahren, so müssen sie der sich im Kreis bewegenden Schallquelle folgen. Damit vollziehen sie dieselbe kreisförmige Bewegung wie gezüchtete Lachse, die im Kreis schwimmen, um dem rotierenden Arm des Futterautomaten zu folgen. Die Arbeit möchte auf die Probleme in lokalen Ökosystemen hinweisen, die durch die Lachszucht entstehen und erzählt von den Landschaften, die für die Futterproduktion nutzbar gemacht werden. Der Film „The End of Imagination” (2021) von Adrián Villar Rojas besteht aus Web-Cam-Aufnahmen aus der Pandemiezeit. Es handelt sich dabei zumeist um Aufnahmen aus Zoos von den eingesperrten Tieren. Ihre Gefangenschaft und das Konzept des Zoos generell, wurde zur Corona-Zeit im Gegensatz zur temporären menschlichen Einschränkung durch Lockdowns nicht hinterfragt. Das Werk reflektiert, wie die Spezies Mensch zu Tieren steht und lenkt die Aufmerksamkeit auf eine Zeit, die das menschliche Verhältnis zum Planeten Erde veränderte oder zumindest hinterfragen ließ.

Die Vielfalt der im Programm der Klima-Biennale ersichtlichen Ansätze für eine bessere Welt, die in den Ausstellungen, Projekten, Workshops und Vorträgen vermittelt wird, stimmt zuversichtlich, dass die Klima-Biennale ihre positiven Ansätze weiter stärkt und in Zukunft bei möglichen kommenden Auflagen noch breitenwirksamer und anschaulicher auftreten kann.

 

Literatur:

Biennale Wien, Ausstellungen: Design with a purpose, Klima Biennale Wien, abgerufen am: 10.05.2024, 12:16 Uhr.

Biennale Wien, Ausstellungen: Songs for the Changing Seasons, Klima Biennale Wien, abgerufen am: 08.05.2024, 16:35 Uhr.

Biennale Wien, Orte: Übersicht, Klima Biennale Wien, abgerufen am: 10.05.2024, 11:50 Uhr.

Biennale Wien, Projekte: Biofabrique Vienna, Klima Biennale Wien, abgerufen am: 08.05.2024, 16:36 Uhr.

Cooking Sections, Salmon: Feed Chains, Salmon: Feed Chains – Cooking Sections (cooking-sections.com), abgerufen am: 08.05.2024, 16:32 Uhr.

ÖROK, Flächeninanspruchnahme und Versiegelung in Österreich (2022), Österreichische Raumordnungskonferenz – Ergebnisse Österreich (2022) (oerok.gv.at), abgerufen am 10.05.2024, 12:14 Uhr.

Vienna Design Week, Archiv: FREE TO REUSE – NACHNUTZUNG VON EXPORTVERPACKUNGEN, FREE TO REUSE – NACHNUTZUNG VON EXPORTVERPACKUNGEN — Vienna Design Week, abgerufen am: 10.05.2024, 12:11 Uhr.

 

Foto: Jacek Dylag auf Unsplash


Insight by

Adrian Praschl-Bichler

wissenschaftlicher Mitarbeiter